Hier die Rede zum Nachgucken:

Sehr geehrte Frau Präsidentin, 
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, 

es freut mich sehr, dass die AfD Teile des Koalitionsvertrages von SPD 
und Grüne begrüßt und offensichtlich gar nicht abwarten kann, bis 
dieser von uns abgearbeitet ist. Denn in der Tat haben wir uns zum 
Ziel gesetzt, die Teilhabe an politischen Prozessen zu vereinfachen. 
Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag: 
„Wir wollen die Chancen direkter Demokratie im Land besser nutzen. 
Deshalb streben wir die Senkung der Hürden für Volksbegehren sowie 
für Volksentscheide an.“ 
Wie Sie wissen, müssen wir hierfür die niedersächsische Verfassung 
ändern. Dem Verschließen wir uns auch überhaupt nicht und haben 
ja bereits mehrere Themen und Vorschläge zur Weiterentwicklung 
unserer Verfassung eingebracht wie z.B.: 
- Mit der Entschließung zum Queeren Leben im April diesen 
Jahres, in der wir die Landesregierung beauftragt haben, einen 
Vorschlag zur Verfassungsänderung zum Schutz vor 
Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung 
vorzulegen. 
- Oder unser Antrag zur Ergänzung des Europabezuges in der 
Landesverfassung, der sich gerade in der Ausschussberatung 
befindet. 

- Und am Mittwoch diskutieren wir hier alle zu unserem 
Entschließungsantrag „Kinderschutz an erster Stelle“ auch die 
Verankerung von Beteiligungsrechten von Kindern in unserer 
Verfassung. 
Was wir allerdings nicht mittragen, sind Änderungen an unserer 
Verfassung, ohne ihre Auswirkungen zu betrachten und damit 
qualitativ ungenügend zu sein, so wie dies mit diesem AfD-Antrag der 
Fall ist. Denn zwei zentrale Sätze hat die AfD bezeichnenderweise aus 
unserem Koalitionsvertrag nicht beachten wollen. Sie stehen direkt 
im Anschluss, am vorhin vorgelesenen Zitat. Sie lauten: 
„Volksentscheide müssen unter den gleichen Bedingungen wie 
allgemeine Wahlen durchgeführt werden. Die Finanzierung der 
jeweiligen Kampagne muss offengelegt werden.“ 
Gerade letzteres ist verdammt wichtig, wenn man sich einmal die 
Historie der Volksbegehren in Niedersachsen anschaut. Zwar 
bemängelt der Verein Mehr Demokratie e.V. zurecht die hohen 
Hürden, gibt aber gleichsam zu bedenken: „Oft öffneten 
Volksbegehren den Weg für politische Lösungen. Sei es, weil mit der 
Landespolitik über Kompromisse verhandelt werden konnte, sei es, 
weil der Landtag die Forderungen übernahm.“ 
Schaut man sich nun gescheiterte Volksbegehren an, finden wir 
beispielsweise eine Initiative der rechtsextremen Partei „Die 
Republikaner“ zur Euro-Umstellung; eine Volksbefragung zum

Zuwanderungsgesetz, ein Begehren gegen die Rechtschreibreform 
und zwei Verfahren die maßgeblich durch die FDP initiiert wurden. Es 
wird schnell klar, dass das Instrument der Volksinitiativen und -
entscheide nicht nur einfach aus der Mitte der Bevölkerung kommen 
können, sondern auch gezielte politische Instrumente größerer 
Organisationen sein können. Deshalb sind die Fragen der 
Finanzierung, der Transparenz und die Verfahrensfragen von enormer 
Bedeutung. 
Als einziges Volksbegehren mit nennenswerter Unterstützung 
scheiterte die Initiative mit dem Titel „Für gute Schulen in 
Niedersachsen“ am hohen Quorum. Alle anderen initiierten 
Verfahren wurden durch Übernahme oder Maßnahmen des 
Landtages überflüssig oder jedenfalls mit den Initiatoren 
entsprechende Kompromisse ausgehandelt. 
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, 
der AfD geht es nicht um die Weiterentwicklung unserer Demokratie. 
Nicht um die Frage, wie wir mehr Perspektiven unserer diversen 
Gesellschaft in Entscheidungsprozesse integrieren können. Wäre dies 
der Fall, hätte sie sich mit den Prozessen von 
Bürgerbeteiligungsverfahren auseinandergesetzt. Fragen, wie 
Bürgerinnen und Bürger bei einem Volksentscheid neutral informiert 
werden können oder wie konkurrierende Gesetzgebungsverfahren, 
die eilig sind, mit laufenden Entscheiden in Einklang zu bringen sind

interessieren sie offenkundig nicht. Nein im Gegenteil: Sie will das 
Schweizer Modell auf Bundesebene – nur eben ohne Vorabprüfung 
und damit ohne Schutz für Minderheiten. Sie will Verfahren, in denen 
die Legitimität zweifelhaft ist und Transparenz nicht hergestellt 
werden muss. Hier ist eine Partei, die der Verfassungsschutz in 
Niedersachsen beobachtet, die mit diesem Antrag en passant die 
Hürden für Volksentscheide halbieren will und gar ganze 
Voraussetzungen, wie das min. 25% der Wahlberechtigten ein ihnen 
teilnehmen, streichen. 
Ein solch unüberlegtes Herumfummeln an unserer Verfassung lassen 
wir als aufrechte Demokraten nicht zu. Ja, wir wollen unsere 
Verfassung weiterentwickeln, gerade im Bereich der politischen 
Partizipation, aber nicht um Verfassungsfeinden und lauten 
Minderheiten Werkzeuge in die Hand zu legen. 
Vielen Dank!